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Chinesische Übernahme von MediamarktKeine kritische Infrastruktur

Fabian Kretschmer
Kommentar von Fabian Kretschmer

Dass eine chinesische Firma Mediamarkt kauft, ist nicht weiter dramatisch. Beim Elektronikriesen werden ohnehin fast nur chinesische Produkte verkauft.

Mediamarkt-Filiale: Die deutschen Gewinnmargen sind gut Foto: Michael Gstettenbauer/imago

W enn ein chinesisches Unternehmen in Europa auf Shoppingtour geht, dann schrillen erst einmal die Alarmglocken. Durch Übernahmen kann strategisches Know-how nach China abfließen. Nun also steigt der Tech-Riese JD.com bei der Mediamarkt-Saturn-Mutter Ceconomy ein. Doch wirkliche Bedenken, zumindest unter dem Aspekt der nationalen Sicherheit, dürfte die Transaktion nicht auslösen. Beim Elektronikhandel dreht es sich schließlich um keine kritische Infrastruktur.

Für die Marken Mediamarkt und Saturn selbst dürfte der Einstieg der Chinesen eine gute Nachricht sein. Denn auf dem chinesischen Markt hat sich JD, nach Umsatz das zweitgrößte E-Commerce-Unternehmen der Welt, einen exzellenten Ruf erarbeitet – allen voran, was die Qualität angeht. Das lässt sich von anderen Wettbewerben nicht sagen: Bei anderen Plattformen wimmelt es nur so vor Produktfälschungen.

Zumindest die jüngsten Aussagen des JD-Gründers Richard Liu deuten auf einen behutsamen Umgang mit den deutschen Traditionsmarken hin. Man setze auf „lokalen Handel, lokale Infrastruktur, lokale Mitarbeiter, lokale Beschaffung, lokale Lieferung“, sagte der 51-Jährige kürzlich. Doch unklar ist, ob die hochgradige Automatisierung und der flächendeckende Einsatz von künstlicher Intelligenz nicht schlussendlich dazu führen werden, dass die Anzahl an Verkäufern in den Filialen drastisch abnehmen könnte. Innerhalb des Reichs der Mitte hat JD jedenfalls schon früh mit sogenannten Unmanned Stores experimentiert – Geschäften, die ohne menschliche Hand auskommen.

Die Motivation der Chinesen beim Kauf von Ceconomy ist kein Geheimnis: Auf dem chinesischen Markt tobt, gerade auch im Einzelhandel, ein brutaler Preiswettbewerb, und der Binnenkonsum schwächelt. In Deutschland hingegen sind die Gewinnmargen weitaus größer. Gleichzeitig werden die meisten Waren, die bei Mediamarkt und Saturn verkauft werden, ohnehin innerhalb Chinas gefertigt. Dass man nun auch versucht, die Verkaufserlöse in Teilen wieder zurück nach China zu holen, liegt auf der Hand.

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Fabian Kretschmer
Korrespondent in Südkorea
Seit 2024 Korrespondent für die koreanische Halbinsel und China mit Sitz in Seoul. Berichtete zuvor fünf Jahre lang von Peking aus. Seit 2014 als freier Journalist in Ostasien tätig. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Betreibt nebenbei den Podcast "Beijing Briefing". Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.
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